Die sogenannten Verhandlungen aus Sicht der Besetzer*Innen

Liebe Unterstützer*Innen der Hausbesetzung CZS 11,
mit diesem Text möchten wir den Verlauf der sogenannten Verhandlungen aus unserer Sicht schildern.

Am Dienstagabend wurde an uns herangetragen, dass es eine Gruppe gibt, die gerne auf die Eigentümer*Innen, die sich bis dahin noch nicht bei uns gemeldet hatten, zugehen wollten, um ihnen Ideen und Anliegen für das Haus zu präsentieren. Die Gruppe bat um ein Feedback unsererseits dazu. Wir diskutierten und entschieden vor dem ersten Plenum am Mittwochmorgen unsere Position zu Verhandlungen deutlich zu machen: Wir selbst wollen nicht auf die Eigentümer*Innen zugehen, da dies einer Anerkennung der Besitzverhältnisse gleichkommt. Wir haben bereits mit der Nutzung des leerstehenden Hauses Tatsachen geschaffen. Diese wollen wir erhalten und uns nicht in eine Bittsteller*innenposition treiben lassen. Allein die Tatsache, dass das Haus leersteht berechtigt uns* es zu nutzen und dafür müssen wir* uns nicht rechtfertigen.

Bei einem Telefonat am Mittwochmorgen machten wir unseren Standpunkt auch gegenüber der Verwaltungsbeamtin deutlich, woraufhin sie und ihre Kollegen einige Zeit später persönlich vor dem Haus erschienen. Zu diesem Zeitpunkt wurde die Versammlung vor dem Haus bereits von offizieller Seite aufgelöst und Polizist*innen hatten sich um die circa 50-60 verbliebenen Unterstützer*innen positioniert. Im Gespräch verwickelten sich die Verwaltungsbeamt*innen selbst in Widersprüche. So sagten sie zum Beispiel, dass das Haus aufgrund von Schimmelbefall nicht für Menschen nutzbar sei, sie aber dennoch gern hören wollen was wir denn damit vorhätten. Das Gespräch endete damit, dass wir, die Besetzerinnen, klarmachten, dass wir das Gebäude nicht verlassen, es aber ebenso viele Ideen zur Nutzung gäbe, wie Menschen vor diesem Haus. Daraufhin zog die Verwaltungsbrigade ab.

Circa 5 Minuten später erfolgte die erste Räumungsaufforderung an die Menschen vor dem Haus. Das auf ein Signal der Gesprächsbereitschaft direkt der Räumungsbefehl erfolgte, ließ uns an der Ernsthaftigkeit der Verhandlungsbemühungen seitens der Verwaltung zweifeln, da wir von einer Absprache zwischen Verwaltung und Polizei ausgingen.
Nach der vierten Ansage wurden die Unterstützer*Innen vor dem Haus brutal geräumt.
Kurz darauf erhielten wir einen Anruf der Verwaltungsbeamtin, die erklärte, sie sei bis 14 Uhr zu weiteren Gesprächen bereit. Wir lehnten dies entschieden ab. Ein Gesprächsangebot nach diesem Gewaltexzess erschien uns wie blanker Hohn.
Wir bereiteten uns auf unsere Räumung vor.

Während die Polizei bereits im inneren des Hauses unsere Barrikade begutachtetet, wurde uns von draußen mitgeteilt, dass die Verwaltung nach wie vor verhandlungsbereit und eine Duldung von 12 bis 24 Stunden nicht ausgeschlossen sei. Wir wussten nicht, woher diese Information kam, aber setzten uns noch einmal zusammen, um über erneute Verhandlungen nachzudenken.
Unser Standpunkt war zu Beginn der Besetzung klar: Wir wollten kein schönes Haus, keinen schönen Ort in der Gesamtscheiße, die sich Kapitalismus nennt, sondern dieses System in den Grundfesten erschüttern. Aus diesem Grund wollten wir nicht mit der Verwaltung verhandeln, auch wenn es vor dem Haus Menschen gab, die dies gern tun wollten. Die unglaubliche Solidarität der Menschen vor dem Haus bewegte uns jedoch dazu, unsere Position zu ändern. Ohne dass wir unseren politischen Standpunkt aufgegeben hätten, wollten wir aufgrund der Kampfbereitschaft der Unterstützer*Innen die Verhandlungsmacht mit ihnen teilen. Wir waren bereit den weiteren Verlauf der Besetzung, also die Frage ob Verhandlungen und wenn ja zu welchen Bedingungen, in die Gruppe zurückzugeben, um einen möglichst breiten Austausch darüber zu ermöglichen. Wir hätten uns dem Ergebnis dieses Prozesses angeschlossen, auch wenn dieses nicht 100 prozentig unserem politischen Anspruch entsprochen hätte. Denn: wie können wir hierarchiefreie Räume wollen und fordern und dann selbst die Verhandlungsmacht an uns reißen.

Doch leider waren dort vor dem Haus keine Menschen mehr. Wir sprachen also mit der Verwaltung und stellten klar, dass wir, die Besetzerinnen, in dem Haus bleiben würden. Wir forderten zudem eine 24h Duldung, um mit allen Menschen gemeinsam einen hierarchiefreien und möglichst offenen Kommunikations-und Entscheidungsprozess beginnen zu können. Zudem forderten wir den Abzug der Polizei. Die Frage der Verwaltungschefin, ob wir konkrete Verhandlungsangebote hätten, verneinten wir, da wir die „Hoheit“ über die Verhandlungen eben in die Gruppe zurücktragen wollten. Nachdem sich so viele Menschen vor das Haus und gegen die Polizei gestellt hatten, empfanden wir es als nicht mehr tragbar, solche Entscheidungen ohne unsere Unterstützer*innen zu treffen. Die Verwaltungsbeamtin wollte sich wieder bei uns melden und so beendeten wir das Gespräch.

Drei Minuten später erfolgte die Ansage der Polizei, dass der Strafantrag seitens der Univerwaltung gestellt sei und die Räumung beginnen würde.
Dies überraschte uns- aber irgendwie auch nicht. Die Antwort auf unsere Forderung war kein Rückruf, sondern die Aufforderung der Räumung. Damit wurde uns abermals klar, dass die Verhandlungsversuche der Verwaltung von vorneherein eine Farce waren.

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