Hausbesetzungsversuch in Dresden SC4A

In Anlehnung an das Konzept „Social Center 4 All“ wurde am 3.09. in Dresden ein Haus besetzt. Zur Dokumentation finden sich unten die erste Pressemittelung, ein politisches Statement und die zweite Pressemittelung nach der Aufgabe der Besetzung.
Quellen: Indymedia 1 und Indymedia 2

„Wir haben besetzt! Social Center 4 All Dresden

In den Abendstunden des 3.9.16 haben wir ein leerstehendes Wohn- und Ladenhaus im Dresdner Rudolfkiez besetzt. Wir fordern ein Soziales Zentrum für alle in Dresden.

PM Social Center 4 all

Am 3. September hat die Initiative Social Center 4 all Dresden ein Haus in der Lößnitzstraße 19 besetzt. Dies geschah um einen Raum zu schaffen, in dem sich Geflüchtete, Anwohner*innen und andere Interessierte treffen können, um einen Ort der Solidarität und Begegnung zu schaffen. Außerdem soll aufgezeigt werden, dass es die viel beschworene Knappheit an Wohnraum nicht gibt, sondern Wohnraum als Ware gilt, mit der Profit generiert werden muss. Deshalb hat sich die Initiative den vorhandenen Leerstand in ihrer Nachbarschaft angeeignet.

Marian Rudolf, Pressesprecher*in der Inititiative Social Center 4 all Dresden, sagt dazu: „Es ist ein unerträglicher Zustand, dass Menschen verdängt oder in Lager gesteckt werden, während ein Haus in unserer direkten Umgebung jahrelang leer steht und ungenutzt bleibt. In diesen Lagern müssen Geflüchtete in Isolation vom Rest der Gesellschaft leben. Andere werden in dieser Gesellschaft aus den Zentren der Städte verdängt. Wir wollen dem offene Räume, die von allen Menschen, unabhängig ihrer sozialen Stellung, ihres Aufenthaltsstatus oder ihrer sexuellen Identität, genutzt werden können, entgegensetzen.“

Gegen 20 Uhr Uhr verschafften sich Menschen Zutritt zu dem Haus, um die Haustür zu öffnen, und das Haus so begehbar machen. Kurz darauf begannen die ersten Aufräumarbeiten. Dadurch wurde das Erdgeschoss in kurzer Zeit in einen nutzbaren Zustand gebracht. Das Angebot, das Haus zu besichtigen nahmen viele Interessierte dankend an.

Marian Rudolf dazu weiter: „Es gibt bereits jetzt viele Ideen den zuvor leerstehende Raum mit Leben zu füllen, wie z.B. Beratungsangebote, Sprachkurse, gemeinsames Kochen und politische Debatten. Es kann Ausgangspunkt sein sich besser im Viertel zu vernetzen, sich weitergehend politisch zu organisieren und Solidarität praktisch werden zu lassen. Außerdem sind verschiedene Veranstaltungen, Vorträge oder die Nutzung als Wohnraum denkbar.“

Die Initiative betont, dass alle Menschen herzlich eingeladen sind, den neu geschaffenen Raum zu besuchen und gemeinsam weitere Ideen zu entwickeln.

Die Häuser denen, die sie brauchen!

Immer mehr Menschen sind gezwungen zu fliehen, doch die EU schottet sich immer weiter ab. Dadurch sterben tausende von Menschen auf der Suche nach Sicherheit und einem würdigen Leben. Doch selbst wenn sie es nach Europa schaffen und zum Beispiel in Deutschland ankommen, erwarten sie hier nur weitere Grenzen und Schikanen. Sie müssen in Lagern leben, haben keinen Zugang zu angemessener medizinischer Versorgung, Arbeit oder Bildung. Die sogenannte „Festung Europa“ besteht also nicht nur aus physischen geografischen Außengrenzen, sondern setzt sich auch im „Inneren“ fort. Einher geht dies mit der Erzählung von der angeblichen „Knappheit“ an Ressourcen wie Wohnraum, Arbeit oder Sozialleistungen, welche uns das Gefühl von einer Konkurrenz vermitteln soll.

Viele Menschen haben in den letzten Monaten versucht gegen diesen künstlich geschaffenen Notstand vorzugehen. Sie spendeten Kleidung, organisierten Sprachkurse, knüpften Freundschaften und unterstützten die Kämpfe der Geflüchteten. Auch in einer feindlichen Umgebung wie hier in Sachsen, zeigen Menschen Solidarität genau dort, wo der Staat versagt.

Doch Solidarität braucht ihren Raum. Um sich aus der Isolation zu befreien, müssen Treffpunkte enstehen, die Begegnungen überhaupt möglich machen. Wir brauchen Orte, an denen Menschen dem unwürdigen Lagerleben entkommen können und an denen wir uns darüber austauschen, welche Unterstützung gebraucht wird und wie wir gemeinsam solidarisch leben wollen und können.

Dafür benötigt es unabhängige, frei gestaltbare Räume ohne Kontrolle von Wachpersonal, Cops oder Heimleitung. Orte an denen Menschen sich nicht an- und abmelden müssen oder nach Status und Papieren getrennt werden. Sie können Platz bieten für Beratungsangebote, Sprachkurse, gemeinsames Kochen und politische Debatten. Doch wie eben ein solcher Ort aussieht, wollen wir selbst bestimmen und gemeinsam aushandeln, ohne dabei von behördlichen Regelungen begrenzt zu werden. Wir sehen die Notwendigkeit autonome, unkommenzielle Strukturen auszubauen und die Stadt von Unten zu organisieren als Alternative zu den bestehenden Verhältnissen!

Um das Ganze zu verwirklichen, haben wir uns das Haus in der … angeeignet. Es steht schon länger leer und wir wollen es als Ausgangspunkt nutzen uns besser im Viertel zu vernetzen, Kämpfe zu verbinden und diese sichtbarer zu machen. Die Räumlichkeiten bieten Platz für Veranstaltungen, Kochabende, Beratungen oder Wohnraum. Wir wollen einen Ort der Begegnung und Solidarität schaffen, um uns zeitgleich unser Recht auf Stadt für alle zu nehmen! Also kommt vorbei und bringt eure Wünsche, Kritik und Ideen ein!

Solidarität muss räumlich werden!

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Wir beenden nach gescheiterten Verhandlungen die Besetzung des Hauses in der Lößnitzstraße. Wir sehen die Aktion als einen ersten Schritt. Hier die PM

PM Besetzung des Gebäudes in der Lößnitzstraße in Dresden beendet

Am Nachmittag des 4.9.2016 beendeten die Aktivist*innen der Inititiative Social Center 4 All ihre Besetzung in der Lößnitzstraße 19. Nach ausgiebigen Verhandlungen zwischen Eigentümer und Aktivist*innen konnte es zu keiner zufriedenstellenden Einigung kommen. Am vorhergehenden Abend hatten die Aktivist*innen das Gebäude besetzt, verließen es aber nach ersten Verhandlung mit dem Eigentümer im Verlaufe des Abends. Anschließend campierten die Aktivist*innen bis zuletzt vor dem Haus. Bis zu 150 Menschen waren zwischenzeitlich vor Ort. Zuvor stand das Haus mehrere Jahre leer.

Marian Rudolf, Pressesprecher*in der Initiative bestätigt: „Die von unserer Seite vorgeschlagenen Kompromisse für eine gemeinschaftliche und solidarische Nutzung des Hauses für den Stadtteil fanden in den Gesprächen kaum Platz. Es war uns nicht möglich eine Alternative zur gewinnorientierten Nutzung zu finden.“

Nichtsdestotrotz ziehen die Aktivist*innen ein positives Fazit der Aktion. Der Zuspruch der Anwohner*innen als auch die Motivation der Besetzer*innen haben gezeigt, dass das gemeinsame Bedürfnis nach einer Nutzung des leerstehenden Gebäudes von großer Bedeutung ist. Marian Rudolf weiter: „Wir sehen diese Aktion als Startpunkt einer langfristig ausgerichteten Arbeit. Mehr denn je sind wir uns bewusst, dass der Leerstand zahlreicher Gebäude und Flächen in dieser Stadt nicht akzeptabel sein kann. Wir müssen uns den Raum nehmen, um gemeinsam Konzepte zu erarbeiten, wie wir gegen die vielfältigen Verdrängungen und Ausgrenzungen in unserem Alltag und dem anderer vorgehen können. Auch die jüngsten Ausweitungen von Abschiebungen machen uns deutlich, dass wir uns dieser Politik kollektiv entgegenstehen stellen müssen. Auch dafür müssen wir uns die Räume aneignen, die wir benötigen. Soziale Zentren für alle sind ein Weg, an dem wir weiter gemeinsam arbeiten möchten.“

Insgesamt verlief die zweitätige Besetzung friedlich und ohne verstärktes Eingreifen der Polizei. Die beim Zutritt entstandenen Schäden wurden bereits in der vorherigen Nacht behoben.

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